Rechtsverlust durch Zeitablauf
Rechtverlust durch Zeitablauf
Tic tac tic tac – Rechtverlust durch Zeitablauf
Egal wie oft es vorkommt, es ist immer furchtbar frustrierend. Leider wissen die wenigsten Arbeitnehmer über die Fristen Bescheid, auf die sie unbedingt Acht nehmen müssen. Denn wer im Arbeitsrecht seine Rechte nicht rechtzeitig geltend macht, dem ist nicht mehr zu helfen. Fristen sind dafür da, strittige Angelegenheiten in einem überschaubaren Zeitraum klären zu können. Der Gedanke dahinter ist, dass nach einer gewissen Zeit von beiden Seiten – sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber – endgültig Ruhe herrschen soll. In der Praxis ist es aber größtenteils so, dass der Arbeitnehmer diese Fristen gar nicht kennt. Der Arbeitnehmer fühlt sich dann zu Recht falsch behandelt. Bis er aber realisiert hat, wie er sich effektiv dagegen wehren soll, ist es dann oft schon zu spät. Alleine der Zeitablauf hat ihn endgültig entrechtet.
Damit Sie sich nicht dieser frustrierenden Lage befinden müssen, wollen wir hiermit einige der wichtigsten Fristen im Arbeitsrecht ansprechen:
– Kündigung
Wer sich gegen eine rechtswidrige Kündigung wehren will, muss eine Klage vor dem Arbeitsgericht innerhalb drei Wochen ab Zugang der Kündigung nach § 4 KSchG erheben. Nach drei Wochen und einem Tag ist die Kündigung – egal wie unverschämt diese war – nicht mehr anzugreifen. Selbst im Falle von Krankheit sollte man sich nicht auf eine Fristverlängerung verlassen, denn diese wird nur in Ausnahmefällen und je nach Umständen des Einzelfalls gewährt!
– Entfristung
Gleiches gilt für diejenige, die einen befristeten Arbeitsvertrag hatten, obwohl sie eigentlich Anspruch auf eine unbefristete Stelle hatten. In diesem Fall müssen Sie nach § 17 TzBfG innerhalb von drei Woche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Gericht anrufen und geltend machen, dass die Befristung in dem Arbeitsvertrag gesetzwidrig war. Denn nach drei Wochen ist nichts mehr daran zu ändern.
– Überstunden, Lohn, Urlaubsabgeltung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall u.a.
Richtig tückisch sind viele Ausschlussfristen. Diese Fristen findet man nicht im Gesetz sondern sie sind entweder im Arbeitsvertrag – ausdrücklich oder durch Bezugnahme auf eine bestimmten Tarifvertrag – oder in einem Tarifvertrag, wie etwa in § 37 TVöD (für den öffentlichen Dienst), § 22 RTV (für Reinigungskräfte) oder § 15 BRTV (für das Baugewerbe), festgelegt. Auch eine Betriebsvereinbarung kann diese Ausschlussfristen festlegen.
Wer sich vom Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlt, sollte schnell Berater mit den entsprechenden Fachkenntnissen aufzusuchen
Diese Ausschlussfristen sind deshalb so brandgefährlich, weil sie sehr üblich sind und gerade Arbeitnehmer sie oft nicht kennen. Es gibt nicht die eine und einzige Ausschlussfrist, sondern verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Manche Ausschlussfristen sehen vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei oder drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Wer dabei zu spät ist, dem ist kaum mehr zu helfen. Andere Ausschlussfristen setzten noch einen drauf und regeln, dass man die Ansprüche innerhalb zwei bis drei Monaten schriftlich geltend machen muss und darüber hinaus, wenn die andere Partei nicht reagiert oder den Anspruch verneint, spätestens innerhalb einer weiteren Frist von zwei oder drei Monaten die Ansprüche vor Gericht geltend machen muss. Also rechtzeitig den Arbeitgeber zur Zahlung auffordern und rechtzeitig Klage erheben, wenn der Arbeitgeber nicht reagiert. Auf die Idee muss man erstmal kommen!
Diese Ausschussfristen erfassen in der Regel Ansprüche auf Zahlung von Überstunden, Lohn, Urlaubsabgeltung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall u.a., und immer wieder gibt es beschämende Arbeitgeber, die zunächst eine Hinhaltetaktik an den Tag legen. Der Arbeitnehmer bittet um Zahlung, wird immer wieder vertröstet, Zahlung erfolgt nicht, nochmals wird er von der Personalabteilung vertröstet, die Zahlung sei ja veranlasst, das Missverständnis sei zu klären, blablabla. Und an dem Tag, wo der Arbeitnehmer endlich merkt, dass der Arbeitgeber ein böses Spiel mit ihm spielt, sind die Ausschlussfristen inzwischen abgelaufen. Den Allerwenigsten gelingt es in solchen Fällen, die arglistige Täuschung des Arbeitgebers nachzuweisen. Im Ergebnis haben sich die Ansprüche des Arbeitnehmers in Luft aufgelöst, denn allein durch Ablauf der Ausschlussfrist können sie nicht mehr erfolgreich vor Gericht durchgesetzt werden.
Es ist oft eine Schandtat, denn manche Firmen scheinen mit Kalkül zu agieren. Und dennoch ist es eine Unverschämtheit, welche rechtlich kaum mehr wiedergut zu machen ist. Deshalb soll jeder Arbeitnehmer mindestens einmal von diesen Ausschlussfristen gehört haben, so dass seine Alarmglocken schrillen, wenn ihm etwas dubios vorkommt.
– Urlaubsgewährung
Auch wenn es für den Urlaub nicht wirklich eine Frist gibt, so wollen wir ein Problem hier ansprechen, weil es auch tägliche Misere ist. Nach dem § 7 BurlG ist der Urlaub in dem natürlichem Kalenderjahr zu gewähren. Das ist die Regel. Nur wenn es nicht anderes geht, kann man den Urlaub aufs nächste Jahr verschieben; allerdings nicht bis auf weiteres sondern nur bis zum 31. März des folgenden Jahres.
Wer also den Urlaub für 2015 noch nicht vollständig genommen hat, der sollte ihn spätestens bis zum 31. März nehmen. Denn ab dem 01.04.2016 ist sein Anspruch mit der Folge verfallen, dass er ihn nicht mehr nehmen kann und sich auch nicht auszahlen lassen kann. Ausnahmen gibt es zum Beispiel im Falle langer Krankheit oder bei kurzer Beschäftigungsdauer, aber die Regel ist leider eher, dass die Arbeitnehmer davon nichts wissen und ihren Urlaub in Unkenntnis des Gesetzes ihrem Arbeitgeber „verschenken“. Das ist umso ärgerlicher, wenn noch Ausschlussfristen dazu kommen und der gesamte Eindruck entsteht, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgezogen hat.
Niemand muss genaue Fristen und Gesetzesparagraphen im Kopf haben. Wenn dieser Artikel aber nützlich ist, Sie auf ein Minenfeld aufmerksam zu machen, dann haben wir gemeinsam schon vieles erreicht. Wer sich vom Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlt, sollte schnell den Betriebsrat, eine ehrenamtliche Beratungsstelle, die Gewerkschaft, einen Anwalt oder irgendjemanden mit Fachkenntnissen aufzusuchen. Denn das zu lange Warten bringt nur ein böses Ende.
Übersetzung lektoriert durch Blasco Traducciones http://www.blasco-traducciones.com/
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Nr. 57 der Zeitschrift La Guia de Frankfurt/RheinMain erschienen.
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