Wie kann man Eigentümer bestrafen, die Ihren Beitragspflichten nicht nachkommen?
Eines der größten Probleme mit denen die spanischen Wohnungeigentümergemeinschaften gegenwärtig zu kämpfen haben, sind Eigentümer, die ihre Beiträge nicht leisten. Nach einschlägigen Schätzungen des Observatorio de la Propiedad Horizontal, summierten sich die geschuldeten Beiträge spanienweit auf insgesamt über 1.8 Milliarden Euro. Diese Zahlen können auf den ersten Blick Verwunderung auslösen, sind aber leicht zu erklären. Da in Spanien in Relation zu Deutschland (ca. 78 % gegenüber ca. 52 %) vergleichsweise viele Menschen in ihren eigenen Immobilien leben (Daten: Eurostat 2014), führt diese Demokratisierung in der Eigentümerstellung auch zu einer weit bedeutenderen Spiegelung der jeweils herrschenden Wirtschaftslage.
„In Spanien leben relativ mehr Menschen in ihren eigenen Immobilien (78%) als in Deutschland (78 %)“
Die noch anhaltende allgemeine Krise, verbunden mit einem teilweise spürbaren Überangebot an Immobilien, und damit einhergehenden entsprechenden Wertverlusten, bringen viele Bürger aber insbesondere auch Immobilienentwickler und Bauträger in Bedrängnis. Nichts liegt dann näher als dort zu sparen, wo sich die Konsequenzen einer Nichtzahlung besonders spät bemerkbar machen oder eine geringere Tragweite vorweisen.
Zwar führt die Nichtzahlung der Gemeinschaftsbeiträge zu einem vorübergehenden Stimmrechtsverlust. Solange aber keine besonders wichtigen oder problematischen Beschlüsse getroffen werden müssen, empfinden viele diese Einschränkung als nicht einschneidend. Um die Schuld effektiv eintreiben zu können, müssen durch die Gemeinschaft zunächst weitere Maßnahmen, wie z.B. die Einreichung einer Klage, beschlossen werden. So erfährt der säumige Eigentümer rechtzeitig von diesen, und kann zur Not seine Schulden auch noch im letzten Moment tilgen, um Schlimmeres abzuwenden. Häufig genug sträuben sich aber sogar die Nachbarn einen solchen Schritt zu gehen. Freundschaft, Mitleid oder schlicht Nachlässigkeit führen dann dazu, dass der Schuldner (lange) nichts zu befürchten hat.
Handelt es sich um Einzelfälle kann eine Eigentümergemeinschaft solcherlei Zahlungsausfälle vielleicht eine Zeit lang verschmerzen. Mehrt sich aber die Zahl der nicht zahlenden Eigentümer – u.a. auch deshalb, weil langsam immer mehr Eigentümer dem Beispiel der ersten Schuldner folgen – kann eine Gemeinschaft schneller als gedacht in einem plötzlichen Instandhaltungs- und Reparaturchaos erwachen. Bestehen Aufzüge oder Gemeinschaftspools, bedarf deren Erhaltung regelmäßiger Investitionen oder monatlicher Zahlungen. Können diese mangels entsprechender Beiträge nicht erbracht werden, führt ihr Ausfall zu einer erheblichen Einbuße an Lebensqualität. Zahlt die Gemeinschaft ihre Stromrechnung nicht mehr kann dies bis zur Unbewohnbarkeit der Liegenschaft insgesamt führen.
Es verwundert daher nicht, dass der Erfindungsgeist einzelner Eigentümergemeinschaften einige Maßnahmen zutage gefördert hat, die genauso wirkungsvoll wie kurios, aber rechtlich gesehen mehr als zweifelhaft bzw. unzulässig sein können.
So wurde z.B. durch eine Eigentümergemeinschaft mittels Satzung bestimmt, dass die Schuldner nicht das Clubhaus der Gemeinschaft benutzen dürfen, was von der Audiencia Provincial [etwa Landgericht] von Sevilla, Sec. 6.ª, 1121/2001, vom 29. Dezember, richtigerweise als unrechtmäßige Einschränkung gewertet wurde. Interessanterweise sah die Dirección General del Registro y Notariado dies in einem anderen Fall genau entgegengesetzt. Die Eintragung einer entsprechenden Klausel im Grundbuch sei – so wurde dort argumentiert – möglich, solange es sich um die Untersagung des Gebrauchs von Gemeinschaftseinrichtungen handele, welche für die Nutzung der Sondereigentumselemente nicht erforderlich sind.
„Nichts schreckt einen Schuldner mehr ab als das Wissen um die Klagebereitschaft der Gemeinschaft“
Üblich und allgemein zulässig sind hingegen Zuschläge zu den unterlassenen Zahlungen, solange sich diese in einem vernünftigen Rahmen bewegen. Sehr verbreitet sind Beschlüsse, welche als Strafe einen niedrigen bzw. einstelligen Zins auf die geschuldeten Beteiligungsquoten erheben. Nicht selten erreichen diese Zinszuschläge aber auch bis zu 20 %. Obwohl solcherlei Strafen doch eine nicht unerhebliche Belastung für den Schuldner bedeuten, haben zahlreiche Urteile die Rechtmäßigkeit eines Strafzinses in dieser Höhe festgestellt (AP Alicante, Sec. 5.ª, 349/2007, vom 15. November). Die Verdopplung des ursprünglich geschuldeten Beitrags wurde hingegen als exzessiv eingestuft (AP Zaragoza, Sec. 5.ª, 470/2006, vom 21. Juli). Zu beachten ist außerdem, dass solcherlei Zuschläge nur für künftige und nicht für zurückliegende Schulden beschlossen werden dürfen (AP Madrid, Sec. Urteil 324/2015, vom 6. Oktober 2015). Das beste Rezept bleibt aber ein entschiedenes Vorgehen. Nichts schreckt einen Schuldner mehr ab, als das Wissen, dass die Gemeinschaft nach Erreichen eines bestimmten Schuldenumfangs (dies kann ein fester Betrag oder eine gewisse Anzahl an Monatsbeiträgen sein) nach einer erfolglosen schriftlichen Aufforderung unmittelbar klagt.
Ingmar Hessler. Der Autor ist deutscher Rechtsanwalt, spanischer Abogado und vereidigter Übersetzer und Dolmetscher für die spanische Sprache. Im Juli 2015 wurde das von ihm verfasste Werk «Praxishandbuch Wohnungseigentumsrecht in Spanien» veröffentlicht. Er berät und vertritt seine Mandantschaft spanienweit. www.hesslerdelcuerpo.com – info@hesslerdelcuerpo.com
Text übersetzt oder lektoriert von Blasco Traducciones – http://www.blasco-traducciones.com/
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