Geht noch etwas mehr Urlaub?
In den letzten Monaten wurden zwei sehr wichtige rechtskräftige Entscheidungen getroffen, die die Rechte von Arbeitnehmern in Bezug auf ihren Urlaub verbessern. Für den einen oder anderen könnte es bedeuten, noch ein paar zusätzliche Urlaubstage in diesem Jahr zu genießen.
Aber zunächst zum Ursprung. Das deutsche Gesetz war bisher sehr eingeschränkt. Laut § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und bewilligt werden. Die Folgerung der Gerichte aus dieser Regelung sahen bisher so aus, dass Urlaubsansprüche die bis zum Jahresende nicht genommen weder bewilligt wurden, unwiderruflich verfallen. So galt der Rechtsverlust bis auf in wenigen Ausnahmefällen wo der Urlaub in das 1. Quartal verlegt wurde oder aufgrund einer langwierigen Krankheit, auch dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub rechtzeitig beantragt hatte und dieser abgelehnt wurde.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 06.11.2018 – C 684/16 – diese deutschen Grundsätze für nichtig erklärt. Kurz darauf hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15 – die europäische Doktrin/Lehre bestätigt. Somit ist der automatische Verlust der Arbeitnehmerrechte Vergangenheit!
Der EuGH hat in erster Instanz entschieden, dass das Urlaubsrecht der Arbeitnehmer nur dann automatisch verfällt, wenn es dem Arbeitnehmer tatsächlich möglich ist, seinen bezahlten Urlaub zu nehmen. Diese Regelung, die viele Leser für selbstverständlich halten, galt bislang nicht vor deutschen Gerichten. Im Gegenteil, allzu oft haben Arbeitnehmer unfreiwillig ihre Urlaubsansprüche verloren, weil ihr Vorgesetzter die Urlaubsgewährung von einem Monat auf den anderen bis zum Jahresende verschoben hatte. Wenn der Arbeitnehmer bis dahin seinen Urlaub nicht genommen hatte, war er nicht mehr berechtigt diesen zu verlangen, es sei denn, sein Vorgesetzter stimmte „großzügig“ zu, diesen in das 1. Quartal des Folgejahres zu übertragen. Dies vorrausgeschickt und wenn der Arbeitnehmer bis dahin nicht im Urlaub war, verlor er seine Rechte im bloßen Laufe der Zeit.
Diese rechtliche Situation hat gerade skrupellose Arbeitgeber mit einer hohen Personalfluktuation dazu veranlasst, die Unwissenheit ihrer Mitarbeiter zu missbrauchen, um sie um ihre Urlaubsrechte zu betrügen.
Die neue Entscheidung des BAG beendet diese ominöse Praxis. Auch wenn das BAG vom Arbeitgeber nicht verlangt, dass er seinem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub gewährt, sowie er den Arbeitnehmer nicht zum Urlaub zwingen kann, sieht die neue Doktrin/Lehre der Richter von Erfurt ausdrücklich vor, dass sich der Arbeitgeber aktiv bemühen muss sowie dafür zu sorgen hat, dass ihre Mitarbeiter ihre Rechte kennen und ausüben. Demnach kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den angesammelten Urlaub des Vorjahres nur dann verweigern, „wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, den entsprechenden Urlaub zu nehmen und ihn ausdrücklich sowie rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass er ihn zum Ende des Jahres oder nach Ablauf des Übertragungszeitraums (1. Quartal des Folgejahres) verlieren wird)“. Diese Lösung scheint fair zu sein. Einerseits, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig handelt und keinen Urlaub beantragt obwohl sein Vorgesetzter ihn rechtzeitig über die gesetzliche Situation informiert hat, darf er später keine Lösung auf Kosten des Arbeitgebers verlangen. Sowie andererseits, sofern der Arbeitnehmer seine Rechte nicht kennt, weil sein Arbeitgeber ihn nicht informiert, sollte dieser Letztere nicht davon profitieren seine Mitarbeiter absichtlich in Unwissenheit zu lassen.
Derzeit bestehen Bedenken, wie die vom BGA festgelegten Auferlegungen konkret umgesetzt werden sollen und wie genau ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer über den zur Verfügung stehenden Urlaub informieren sowie dieser genommen werden soll. Muss der Arbeitgeber jeden einzelnen Arbeitnehmer individuell anschreiben oder würde es ausreichen die entsprechenden Urlaubstage in der Lohnabrechnung aufzuführen sowie einen Hinweis mit den Fristen an das schwarze Brett zu hängen? Mit diesem Thema müssen sich die Arbeitsgerichte in den kommenden Jahren befassen.
Bis dahin ist es jedoch eine erfreuliche Bilanz. Daher lohnt es sich zu prüfen, ob Sie noch Resturlaubstage vom letzten Jahr haben, die Sie noch in diesem Jahr geltend machen können. In diesem Fall kann folgender Mustertext verwendet werden:
Antrag auf Gewährung von Resturlaub (Muster)
„Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie wissen, konnte ich meinen Urlaubsanspruch für das vergangene Jahr nicht in vollem Umfang in Anspruch nehmen. Der nicht gewährte Urlaub ist nach den Entscheidungen vom EuGH vom 06.11.2018 – C 684/16 – und BAG vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15 – nicht verfallen.
Ich beantrage daher, meinen Resturlaub aus dem Vorjahr im Umfang von XX Urlaubstagen in der Zeit vom …….. bis zum …………… nehmen zu können.
Mit freundlichen Grüßen“
Elisabet Poveda Guillén, Rechtsanwältin & Abogada, www.ra-poveda.de
Este texto fue traducido o revisado por / Text übersetzt oder lektoriert von Blasco Traducciones en Frankfurt (Westend) – http://www.blasco-traducciones.com